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Kiefer- und Gesichtsschmerzen
Kiefer- und Gesichtsschmerzen können sehr verschiedene Ursachen haben: Erkrankungen von Nerven des Gesichts, Nasennebenhöhlen, Ohren, Speicheldrüsen und viele andere Strukturen gehören dazu. Abgesehen von den Zahnschmerzen behandeln Zahnärzte Kiefer- und Gesichtsschmerzen in der Regel nur, wenn die Kaumuskulatur oder die Kiefergelenke die Schmerzen verursachen.
Derartige Schmerzen nennt man „temporomandibuläre Dysfunktionen“ (=TMD) oder „Myoarthropathien des Kausystems“ (=MAP). Sie gehören zu den Schmerzen der Muskeln und des Skeletts, also den muskuloskelettalen Schmerzen, genau wie Rücken- oder Nackenschmerzen. Zwischen 4–12% der Bevölkerung leidet jährlich an TMD, jedoch meistens nur für kurze Zeit, da TMD eine gutartige und selbstbegrenzende Erkrankung ist, die meistens ohne Behandlung wieder verschwindet. Bei einigen Betroffenen dauern die Schmerzen oder auch Bewegungseinschränkungen längere Zeit an und erreichen große Schmerzstärke. Der Behandlungsbedarf wird allein vom Patienten selbst bestimmt.
Die genauen Ursachen der TMD sind unbekannt. Sicher ist, daß Zähne und Zahnstellung nur einen geringen Einfluß haben, und ebenso sicher ist die große Bedeutung von Streß und anderen psychischen Problemen. Leider sind Zahnärzte oft geneigt, ohne gute Begründung bei TMD teure und riskante Eingriffe an den Zähnen anzubieten. Solche Eingriffe sollten in aller Regel vermieden werden.
Kieferorthopädie
Kieferorthopädische Erwachsenenbehandlung
In Deutschland war kieferorthopädische Behandlung bis etwa 1970 Kindern vorbehalten. Man glaubte, daß die kieferorthopädische Behandlung Erwachsener mit erheblichen Risiken verbunden oder gar unmöglich wäre – ein altes Dogma, dem man auch heute noch begegnen kann. Tatsache ist dagegen: für kieferorthopädische Behandlungen gibt es heute keine Altersgrenze mehr, denn die Möglichkeit, Zähne durch den Kieferknochen zu bewegen, bleibt unabhängig vom Wachstum lebenslang erhalten.
Ein wichtiger Unterschiede zur Behandlung von Kindern ist das Fehlen von Wachstum, wodurch eine präzisere Behandlungsplanung und in einigen Fällen größere Zahnbewegungen notwendig sind. Dazu kommt, daß erwachsene Patienten oft begrenzte Behandlungsziele wie die Begradigung der oberen Frontzähne verfolgen, während die Herstellung einer idealen Verzahnung oft nicht gewünscht wird. Anders als bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen wird daher bei Erwachsenen häufig eine ästhetische motivierte Kompromißbehandlung gewählt. Umfassende Behandlungen mit Korrektur falscher Bißlagen oder großer Überbisse erfordern wegen des fehlenden Wachstums bei erwachsenen Patienten oft invasive Eingriffe wie Extraktionen bleibender Zähne oder die chirurgische Verlagerung der Kiefer (Dysgnathiechirurgie). Darüber hinaus wird die kieferorthopädische Behandlung erwachsener Patienten oft durch fehlende Zähne, Zahnersatz, parodontale Probleme usw. erschwert, und viele Erwachsene erwarten eine ästhetische Behandlung, die von ihrer Umgebung nicht wahrgenommen wird. Sowohl der oft reduzierte Gebißzustand als auch die ästhetischen Wünsche stellen große Ansprüche an den behandelnden Kieferorthopäden, jedoch sind beide Probleme mit heutigen Methoden lösbar.
Die moderne Kieferorthopädie kann daher ohne Alterseinschränkung und auch bei reduziertem Gebißzustand ästhetische Lösungen für nahezu jede Behandlungsaufgabe anbieten. Die Risiken wie auch die Behandlungszeiten sind gegenüber der Kinderbehandlung nicht wesentlich erhöht.
Kieferorthopädische Kinderbehandlung
Kinder und Jugendliche kommen meistens nicht aus eigenem Antrieb in die kieferorthopädischen Praxen, sondern werden auf Empfehlung des Zahnarztes oder auf Wunsch der Eltern vorgestellt. Daher muß bei dieser Patientengruppe auf die besondere Motivationslage geachtet und das Behandlungskonzept darauf abgestimmt werden.
So wird man Jugendlichen mit herausnehmbaren kieferorthopädischen Apparaten oder gar mit dem Headgear (Gesichtsbogen) meistens nicht gerecht, weil derartige Geräte in der Regel nicht genug getragen werden. Es geht bei dieser Patientengruppe darum, kieferorthopädische Behandlungsverfahren zu finden, die einerseits die Behandlungsaufgaben effizient lösen, andererseits aber möglichst wenig in das Leben der jungen Patienten eingreifen. Gleichzeitig sollte versucht werden, die gesamte Behandlungszeit so kurz wie möglich zu gestalten, da in der Regel nicht länger als ein bis zwei Jahre mit Mitarbeit gerechnet werden kann.
Aus diesen Gründen sollte die Behandlung von Kindern und Jugendlichen überwiegend mit den effizienten festsitzenden Apparaten durchgeführt werden. Herausnehmbare Geräte sollten nur eingesetzt werden, wenn sie die Mitarbeit der jungen Patienten nicht übermäßig strapazieren, also weder die Sprache wesentlich behindern noch auffällig aussehen, oder wenn sie nur nachts getragen werden müssen. Leider sind herausnehmbare Geräte in Deutschland jedoch wesentlich höher honoriert als festsitzende Geräte, so daß der größte Teil der Behandlungen bei uns mit diesen meist veralteten Apparaten durchgeführt wird. Dies ist gleichzeitig einer der Hauptgründe für die unnötig Behandlungszeiten, die oft die halbe Kindheit und Jugendzeit umfassen. Mit modernen Behandlungsstrategien läßt sich bei Kindern und Jugendlichen eine durchschnittliche Behandlungszeit von unter zwei Jahren erreichen – hiervon ist die deutsche Realität leider weit entfernt.
Selbstverständlicher Bestandteil moderner kieferorthopädischer Behandlung von Kindern und Jugendlichen ist die Optimierung und Kontrolle der Zahnpflege, denn festsitzende Apparaturen stellen hier erhöhte Anforderungen. Die bei schlechter Zahnpflege gelegentlich auftretenden Entkalkungen und Verfärbungen von Zähnen können dann zuverlässig verhindert werden.
Therapie des Kiefergelenks
Der erste Schritt bei der Therapie des Therapie des Kiefergelenks ist die Aufklärung über die grundsätzliche Harmlosigkeit der TMD, da viele Patienten befürchten, an einer fortschreitenden Erkrankung mit schlimmem Ausgang zu leiden. Danach sollten unbedingt Anleitung zur Selbsthilfe folgen, wie z.B. die Erklärung von einfachen Entspannungsübungen, Selbstmassage und das Vermeiden schlechter Angewohnheiten. Bei Arthritis (Entzündung) des Kiefergelenks sollte immer ein entzündungshemmendes Medikament angeboten werden. Weitere therapeutische Verfahren sind die Physiotherapie, die psychologische Schmerztherapie, weitere Medikamente und ein nachts zu tragender Aufbißbehelf, eine sogenannte Knirscherschiene.
Festsitzende Spangen
Die festsitzenden Spangen bestehen aus sogenannten Brackets, die wie ein Griff auf jeden Zahn aufgeklebt werden, und umlaufenden Drähten, die über diese Griffe die Zähne bewegen. Moderne festsitzende Apparaturen ermöglichen es, fast jede denkbare Zahnbewegung auszuführen, und das oft in kurzer Zeit und mit perfektem Ergebnis. Da sie nicht beim Sprechen hindern, sind sie auch sozial verträglich. Als Nachteil in den Augen besonders von erwachsenen Patienten bleibt die Sichtbarkeit der festsitzenden Spangen. Deshalb sind weiße, zahnfarbene Brackets entwickelt worden, und als allerletzte Neuerung die sogenannte Lingualtechnik, bei der die Brackets von außen nicht sichtbar sind, weil sie auf die Innenseiten der Zähne geklebt werden.
Die festsitzenden Apparaturen ermöglichen es, die allermeisten Behandlungsaufgaben mit Behandlungszeiten zwischen 6 und 18 Monaten zu lösen. Wesentlich längere Behandlungszeiten können bei einigen speziellen Problemen wie der Einordnung verlagerter Eckzähne eintreten, sind aber oft auch ein Hinweis auf eine nachlässige Behandlung.
Die festsitzenden Apparaturen erfordern allerdings eine gute Mundhygiene: wird der Zahnbelag um die Brackets nicht täglich gründlich entfernt, drohen bleibende, weißliche Verfärbungen der Zähne und Zahnfleischentzündungen. Aus diesem Grund gehört eine gute Anleitung und Überwachung der Mundhygiene unbedingt zur Behandlung mit festen Spangen dazu. Patienten ohne gute Mundhygiene sollten besser nicht festsitzend behandelt werden. Da bei ihnen nicht mit guter Mitarbeit gerechnet werden kann, erscheint allerdings die Behandlung mit herausnehmbaren Apparaten auch nicht als sinnvolle Alternative, so daß in diesen Fällen eher darüber nachgedacht werden sollte, auf kieferorthopädische Behandlung ganz zu verzichten.
Herausnehmbare Spangen
Die traditionellen herausnehmbaren Spangen haben nur sehr beschränkte Einsatzmöglichkeiten. So sind viele Zahnbewegungen mit diesen Apparaturen unmöglich: dazu gehören die körperliche Zahnbewegung ohne Kippung, das Verkürzen oder Verlängern von Zähnen oder das Drehen von seitlichen Backenzähnen und Eckzähnen. Leider sind aber gerade diese zahnbewegungen bei den meisten kieferorthopädischen Behandlungen notwendig, um ein gutes Ergebnis zu erreichen. Dazu kommt, daß die meisten dieser Spangen beim Sprechen, Essen und Schlucken hinderlich sind und deshalb auch von Kindern nicht gern getragen werden. Wegen der geringen Effizienz der herausnehmbaren Spangen dauern die Behandlungen auch in der Regel ein mehrfaches der Zeit, die für eine Behandlung mit festsitzenden Spangen benötigt würde. Aus diesen Gründen sind für die meisten Behandlungsaufgaben in der Kieferorthopädie die festsitzenden Apparaturen besser geeignet.
Eine Ausnahme ist die Behandlung von großen Überbissen der Schneidezähne mit zurückliegendem Unterkiefer bei Kindern: hier kann es unter Umständen einfacher sein, den Biß mit einer herausnehmbaren Spange zu korrigieren, um anschließend mit einer festsitzenden Spange weiter zu arbeiten.
Eine weitere Ausnahmen ist das Invisalign-Verfahren, bei dem mit herausnehmbaren, aber dünnen und fast unsichtbaren Folien Zähne bewegt werden. Diese Apparate können auch von Erwachsenen den ganzen Tag – außer zum Essen und Zähneputzen – getragen werden, da sie für Dritte kaum wahrnehmbar sind und nicht beim Sprechen hinderlich sind. Die mechanischen Möglichkeiten der Zahnbewegung sind etwas größer als bei traditionellen herausnehmbaren Spangen, aber immer noch beschränkt. Aus diesem Grund eignet sich das Invisalign-Verfahren und ähnliche Behandlungsformen nur für begrenzte Behandlungsziele. Viele kleine ästhetische Verbesserungen, die sich erwachsene Patienten wünschen, können jedoch problemlos durchgeführt werden.
In der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Lingualtechnik nicht abrechenbar, während die Kosten in der privaten Krankenversicherung häufig übernommen werden.
Kieferorthopädische Behandlungsdauer
Bei der kieferorthopädischen Behandlungsdauer unterscheiden wir zwischen der aktiven Behandlung, während der die Zähne bewegt werden, und der anschließenden Retentionsphase, in der die Zähne in ihren neuen Positionen gehalten werden. Die Dauer der aktiven Behandlung hängt von der Behandlungsaufgabe ab: lediglich zwei gedrehte Schneidezähne gerade zu stellen kann in drei Monaten getan sein, während eine umfassende aktive Behandlung meistens ein bis zwei Jahre dauert, in Einzelfällen auch länger.
Die Länge der Retentionsphase variiert ebenfalls stark, jedoch hat sich die Dauerretention mit einem festen Retainer, der auf die Innenseite der Frontzähne geklebt wird, sehr bewährt.
Aktive Behandlungszeiten über zwei Jahre sollten bei guter Behandlungsplanung nur ausnahmsweise vorkommen.
Da kieferorthopädische Behandlungen immer Wahleingriffe sind, für die sich der Patient nach Beratung durch den Kieferorthopäden frei entscheidet, sollte in der modernen Kieferorthopädie größter Wert darauf gelegt werden, die kürzestmöglichen Behandlungszeiten für die Patienten zu erreichen.