Radikale Prostatektomie


Die radikale Prostatektomie, die Entfernung der Prostata, stellt eine von mehreren Möglichkeiten der Prostatakrebs-Behandlung dar. Sie kann über verschiedene Zugangswege durchgeführt werden.

Ein Jahr nach der radikalen Prostatektomie liegt bei 5 % der Patienten eine Inkontinenz vor. Diese kann mithilfe konservativer und operativer Therapieverfahren behandelt werden. Auch die Potenz kann teilweise durch eine nervenschonende Prostatektomie erhalten werden.

Männliche Anatomie mit Lage der Harnblase
© Henrie / Fotolia

Die radikale Prostatektomie bei Prostatakrebs

Prostatakrebs ist in Deutschland das meist diagnostizierte Karzinom beim Mann. Es handelt sich um eine Erkrankung des höheren Lebensalters und tritt selten vor dem 45. Lebensjahr auf. Es stellt bis heute die zweithäufigste Todesursache der Krebserkrankungen in Deutschland dar.

Aktuell wird eine jährliche Früherkennungsuntersuchung mittels digitalrektaler Untersuchung und PSA-Bestimmung sowie Ultraschalluntersuchung ab dem 50. Lebensjahr empfohlen.

Die Diagnose eines Prostatakarzinoms erfolgt mittels transrektal ultraschallgesteuerter Prostatastanzbiopsie. Es sollten 6 – 12 Biopsien aus der Prostata entnommen werden. Die Therapieplanung erfolgt abhängig vom Alter des Patienten, Aggressivität des Tumors (Gleason score) und prozentualem Befall der Prostata sowie dem PSA-Wert.

Die Therapieoptionen reichen von einer konservativen beobachtenden Vorgehensweise („active surveillance“) über strahlentherapeutische Therapieoptionen bis zur operativen Therapie mit Entfernung des erkrankten Organes. Abhängig von zuvor genannten Parametern wird gegebenenfalls eine bildgebende Diagnostik zur Ermittlung des Ausmaßes der Erkrankung durchgeführt. Bei Entscheidung zur operativen Vorgehensweise ist immer eine Entscheidungsfindung mit dem Patienten notwendig, um die individuell angepasste operative Methode zu wählen.

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Ziele der radikalen Prostatektomie

Das Ziel jeder operativen Methode ist letztendlich die Entfernung des erkrankten Organs mitsamt Anhangsgebilden (Samenblasen).

Abhängig von Tumorfaktoren und PSA-Wert kann bei bestehender Potenz gegebenenfalls eine nervenschonende Operation mit Erhalt der Erektionsnerven durchgeführt werden. Voraussetzung für diese operative Methode ist eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit der Organbegrenzung eines nicht-aggressiven Tumors. Somit kann die Gefahr einer Belassung von Resttumor reduziert werden.

Alternativen zur radikalen Prostatektomie

Die Strahlentherapie der Prostata stellt eine alternative Methode zur Therapie des Prostatakarzinoms dar und sollte beim Gespräch mit dem Patienten immer in Erwägung gezogen werden.

Eine medikamentöse Therapie des Prostatakarzinoms mit dem Ziel der Heilung existiert aktuell nicht.

Zur Therapie des Prostatakarzinoms steht dem Urologen mit den verschiedenen konservativen und operativen Verfahren ein weites Spektrum an Möglichkeiten zur Verfügung, sodass eine individualisierte Therapie unter den Gesichtspunkten der Minimalisierung von Trauma und dem Erhalt von Lebensqualität bei zunehmenden Heilungsraten möglich ist.

Methoden der radikalen Prostatektomie

Der Unterschied der operativen Therapien liegt im Zugangsweg. Möglich sind offen-chirurgische Operationen mittels eines etwa 10 cm langen Unterbauchschnittes zwischen Schambein und Nabel sowie der perineale Zugang (Dammbereich).

Als sogenannte minimal-invasive Operationsmethoden stehen die laparoskopische Prostatektomie sowie die roboter-assistierte laparoskopische radikale Prostatektomie (DaVinci-Prostatektomie) zur Verfügung. Die laparoskopischen Verfahren zeichnen sich durch eine geringere Invasivität und einen reduzierten Blutverlust mit schnellerer Erholung der Patienten aus.

Minimal-invasiv oder offen-operativ

Insbesondere bei der DaVinci-Prostatektomie ist mittels dreidimensionaler Bildgebung und bis zu 10-facher Vergrößerung eine sehr gute Übersicht und Gewebeschonung möglich. Der Blutverlust liegt bei den laparoskopischen bzw. laparoskopisch roboter-assistierten Methoden deutlich niedriger als bei den offen-chirurgischen Methoden. Vergleichende Langzeitergebnisse bezüglich Potenz, Inkontinenz und Tumorüberleben stehen allerdings noch aus, sodass eine Überlegenheit der minimal-invasiven Methode im Langzeitverlauf noch nicht bewiesen ist.

Die laparoskopische Operationsmethode wird aktuell durch die roboter-assistierte laparoskopische Operationsmethode zunehmend verdrängt, da die optische Vergrößerung und dreidimensionale Bildgebung und insbesondere die große Beweglichkeit der DaVinci-Instrumente (7 Freiheitsgrade) dem Operateur ein gewebeschonenderes und zielgenaues Operieren ermöglichen.

Als Referenzstandard ist weiterhin die offene radikale retropubische Prostatektomie über einen Unterbauchschnitt anzusehen. Diese Methode ermöglicht ebenso ein nervschonendes Operationsverfahren (Indikation!) und wird aktuell in Deutschland noch am häufigsten als operative Therapie des Prostatakarzinoms durchgeführt.

Als Alternative kann insbesondere bei im kleinen Becken voroperierten bzw. adipösen Patienten sowie bei lokal begrenztem, nicht aggressivem Tumor der Zugriff über den Damm erfolgen. Hierbei wird ein halbmondförmiger Schnitt zwischen Hodensack und Enddarm durchgeführt, über den ein direkter Zugang zur Prostata möglich ist. Eine umfassende Lymphknotenentfernung ist aufgrund des kleinen Zugangsweges bei der perinealen Operation nicht möglich.

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Immer bessere Verfahren

In den letzten Jahren haben sich zunehmend schonendere und weniger invasive operative Methoden zur Therapie des Prostatakarzinoms entwickelt, welche zu einer Individualisierung der operativen Therapie geführt haben. Es kann somit jedem Patienten eine für ihn passende Therapie angeboten werden.

Voraussetzung für das operative Verfahren ist immer die ausreichende Expertise der Klinik in dem jeweiligen operativen Verfahren. Aufgrund der Vorsorgeuntersuchung der Männer mit Bestimmung des PSA-Wertes und klinischer Untersuchung der Prostata können zunehmend organbegrenzte Tumoren frühzeitig erkannt werden, sodass bei Einsatz der modernen Therapieverfahren nur eine geringe Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten ist.

Bei lokal fortgeschrittenem bzw. metastasiertem Prostatakarzinom sind im Rahmen der Behandlung medikamentöse bzw. strahlentherapeutische Verfahren notwendig, welche sich ebenso in den letzten Jahren zunehmend verfeinert haben, sodass sowohl das Überleben als auch die Lebensqualität des Patienten im Rahmen eines fortgeschrittenen Tumorstadiums verlängert und verbessert werden können.

Mögliche Komplikationen und Risiken

Typische Folgen bzw. Komplikationen der operativen Therapie – unabhängig von der Methode – sind die postoperative Impotenz sowie die postoperative Inkontinenz. Im Rahmen der nervenschonenden Operationstechnik sind postoperative Potenzraten von 30 % (einseitiger Nervenerhalt) bis 60 % – 80 % (beidseitiger Nervenerhalt) zu erreichen.

Die Indikation zum Nervenerhalt sollte jedoch immer abhängig von Tumorvolumen, PSA-Wert und Gleason score erfolgen. Bei diesem Vorgehen werden die direkt an der Prostata verlaufenden Gefäßnervenbündel von der Prostatakapsel abpräpariert und erhalten. Bei lokal fortgeschrittenem Tumor besteht damit die Gefahr, einen Tumorrest zu hinterlassen.

Bezüglich der Kontinenzraten hat die DaVinci-Prostatektomie insbesondere bezüglich der sogenannten Frühkontinenz (direkt postoperativ nach Entfernung des intraoperativ eingebrachten Blasenkatheters) Vorteile. Im Langzeitverlauf stehen die Daten jedoch noch aus, sodass bisher auch diesbezüglich kein eindeutiger Vorteil für irgendeines der operativen Verfahren nachweisbar ist. Die Kontinenzraten liegen bei ca. 90 % – 95 % nach einem Jahr. Dies ist aber auch abhängig von Alter und präoperativer Situation.

Bei der Operation wird der sogenannte äußere (willkürliche) Schließmuskel erhalten. Bei postoperativ weiterbestehender Inkontinenz (5 % nach einem Jahr) sind konservative und operative Therapieverfahren zur Korrektur vorhanden.

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Autoren:
Dr. med. Wolfgang Leicht
Univ.-Prof. Dr. med. Joachim W. Thüroff