Krebs bei Kindern


Krebs bei Kindern wird seit 1980 in den alten Bundesländern und seit 1991 auch in den neuen Bundesländern systematisch im bundesweiten Deutschen Kinderkrebsregister an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz registriert. Seit 1988 ist für die alten Bundesländer von einem ausreichend hohen Erfassungsgrad für alle Diagnosegruppen außer den Tumoren des zentralen Nervensystems auszugehen. Der Inzidenzanstieg aus den Jahren 1980 bis 1988 ist auf die Anfangsphase der Registerarbeit zurückzuführen, wobei auf Grund der Einbeziehung von Therapiestudien in das Meldesystem für manche Diagnosegruppen von Beginn an eine hohe Vollständigkeit zu verzeichnen war.

Wie häufig ist Krebs bei Kindern?

In Deutschland erkranken jährlich etwa 1800 Kinder unter 15 Jahren an bösartigen Neubildungen. Somit liegt die jährliche Inzidenz für Malignome im Kindesalter bei 14,7 pro 100.000 Kinder unter 15 Jahren. Die Betrachtung der zeitlichen Entwicklung der Inzidenz gibt dabei keinerlei Hinweise auf einen Anstieg oder einen Rückgang der Erkrankungsraten.

Seit Beginn der Registrierung in den neuen Bundesländern wurde nach einer anfänglich deutlich niedrigeren Neuerkrankungsrate ein Angleich an die für die alten Bundesländer ermittelte Inzidenz beobachtet. Der Anteil krebskranker Kinder an allen Krebskranken ist niedrig. Er liegt unter 1 Prozent. Bösartige Neubildungen sind jedoch bei Kindern die zweithäufigste Todesursache. Die Überlebensrate liegt 3 Jahre nach Diagnosestellung bei 82 Prozent, während sie 5 Jahre nach Diagnosestellung bei 79 Prozent liegt.

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Was sind die häufigsten Arten von Krebs bei Kindern?

Die häufigsten Arten von Krebs bei Kindern sind

Leukämie bei Kindern

Die häufigsten bösartigen Neubildungen im Kindesalter sind mit 33,4 Prozent die Leukämien. Häufigste Einzeldiagnose mit 27,4 Prozent ist dabei die akute lymphatische Leukämie (ALL). Die ALL ist bei den unter 1- bis 4-Jährigen mehr als doppelt so häufig wie in den anderen Altersgruppen. Auf Grund therapeutischer Erfolge stiegen erfreulicherweise die Überlebensraten in den letzten Jahren noch deutlich an. Etwa 5 Prozent aller kindlichen Malignome sind akute nicht-lymphatische Leukämien (ANLL). Die ANLL ist am häufigsten bei den unter 1-jährigen. Die Überlebensraten sind deutlich niedriger als für die ALL.

Was ist Leukämie?

Leukämie ist Blutkrebs und heißt „weißes Blut“. Er entsteht im Knochenmark, dem blutbildenden Organ. Eine akute Leukämie ist gekennzeichnet durch eine explosionsartige Zunahme unreifer weißer Blutkörperchen (Blasten). Dies passiert, wenn der normale Reifungsprozess der weißen Blutkörperchen durch eine Fehlschaltung der Regulationsgene im Erbmaterial der Blutstammzellen gestört wird.

Eine Vermehrung dieser unreifen Zellen hat eine Verdrängung und verminderte Neuproduktion normal ausgereifter und funktionstüchtiger roter und weißer Blutkörperchen und der Blutplättchen zur Folge. Das heißt: Die Zusammensetzung des Blutes verändert sich krankhaft, es kommt zu einem Mangel an gesunden weißen Blutkörperchen (Leukozyten), roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten).

Im Wesentlichen werden die folgenden vier Leukämieformen voneinander abgegrenzt:

Am häufigsten ist die ALL. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass Lymphozyten, eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen, nicht zu normalen Blutzellen heranreifen, sich unkontrolliert vermehren und sich im Knochenmark und anderen Organen des Körpers ausbreiten. Bei der AML vermehren sich unreife Granulozyten, eine andere Unterform weißer Blutkörperchen, und breiten sich im Körper aus. Chronische Leukämien sind bei Kindern sehr selten.

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Wie macht sich eine Leukämie bei Kindern bemerkbar?

Die kleinen Patienten werden blass und schwach. Aufgrund der fehlenden roten Blutkörperchen funktioniert der Sauerstofftransport im Körper immer schlechter. Somit werden auch alle Organe immer schlechter versorgt und sind damit weniger funktionstüchtig. Aufgrund zu wenig funktionstüchtiger weißer Blutkörperchen, die für die Krankheitsabwehr zuständig sind, werden Kinder mit Leukämie vermehrt infektionsanfällig oder fiebern ohne erkennbare Infektion. Die abnehmende Zahl der für die Blutgerinnung zuständigen Blutplättchen führt zu einer Blutungsneigung: man beobachtet vermehrtes Nasenbluten oder blaue Flecke ohne entsprechendes Trauma. Geschwollene Lymphknoten über lange Zeit oder unklare Knochenschmerzen können ein weiteres Anzeichen sein.

Behandlung der Leukämie bei Kindern

Die Behandlung besteht in einer intensiven Kombinationschemotherapie. Heute therapiert man dabei in zwei Stufen über eine Gesamtdauer von rund zwei Jahren. Man beginnt mit einer so genannten Induktionsbehandlung und Konsolidierungstherapie, die über mehrere Monate in einer pädiatrisch-onkologischen Fachabteilung durchgeführt wird. Diese hochdosierte, kombinierte Chemotherapie sieht meist neben dem Einsatz von Zytostatika (Medikamente zur Hemmung der Zellteilung) eine Schutzbehandlung für das zentrale Nervensystem vor. Unter Umständen erfolgen auch Bestrahlungen des Kopfes.

Pediatric patients receiving chemotherapy

Zur Unterstützung werden meist auch Bluttransfusionen und Antibiotika gegen Infektionen verabreicht. Die Therapie wird dabei in ihrer Intensität dem individuellen Rückfallrisiko des Kindes möglichst gut angepasst, um die Nebenwirkungen und Risiken möglichst gering zu halten. Nach dem stationären Aufenthalt schließt sich eine Dauerbehandlung (Erhaltungstherapie) gemeinsam mit einem niedergelassenen Kinder- oder Hausarzt an. Das Kind wird dann meist von Spritzen und Infusionen auf Tabletten umgestellt. Bei Kindern, die auf die vorgenannte Therapie nicht ansprechen, besteht auch die Möglichkeit der Durchführung einer Knochenmarktransplantation.

Warum kommt es zu Leukämie bei Kindern?

Genetische Einflüsse und damit auch die Exposition der Eltern mit schädigenden Einflüssen scheinen als Risikofaktoren für die Leukämie im Kindesalter eine nicht unwesentliche Rolle zu spielen. So haben Kinder mit Down-Syndrom (Mongolismus) ein erhöhtes Risiko, an einer akuten Leukämie zu erkranken. Als Risikofaktoren sind Medikamente wie alkylierenden Substanzen (eine Art der Chemotherapie) und höhere Dosen ionisierender Strahlung (z.B. Röntgenstrahlung) bekannt, allerdings nicht in jenem Dosisbereich, der in der Diagnostik eingesetzt wird.

Inwieweit Benzolverbindungen und Pestizide eine Rolle bei der Entstehung von Leukämien spielen, ist umstritten. Eine Assoziation zwischen elektromagnetischen Feldern und dem Auftreten von Leukämien wird diskutiert. Derzeit gehen Forscher aber davon aus, dass ein Krebsrisiko durch Elektrosmog nicht nachgewiesen ist.

Im Blickpunkt steht auch die Hypothese einer immunologischen Isolation, nach der Kinder, die in frühester Kindheit vor Infektionen geschützt waren, bei einer späteren Exposition gegenüber Infektionserregern mit einer besonders starken Immunantwort reagieren. Dies kann ein größeres Risiko zur Entartung dieser Zellen beinhalten und die Entwicklung einer Krebserkrankung begünstigen.

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ZNS-Tumoren bei Kindern

Tumoren des zentralen Nervensystems (ZNS-Tumoren) im Kindesalter sind mit 20 Prozent die zweithäufigsten Krebserkrankungen. Dieser Anteil ist im internationalen Vergleich noch eher niedrig (hauptsächlich durch Untererfassung bedingt). Die häufigsten Einzeldiagnosen unter den ZNS-Tumoren sind

  • Astrozytome (8,8 Prozent),
  • primitive neuroektodermale Tumoren (5,0 Prozent) und
  • Ependymome (2,0 Prozent).

Maligne Lymphome bei Kindern

Morbus Hodgkin bei Kindern

Man spricht bei dieser Krebserkrankung von einem malignen Lymphom, weil es sich um eine bösartige Tumorerkrankung der Lymphknoten handelt. Meist sind dabei die Lymphknoten im Hals- und Kopfbereich betroffen. Befallen sein können aber auch Milz, Leber und der mittlere Brustraum (Mediastinum). Männliche Jugendliche erkranken dabei etwas häufiger als weibliche. Hodgkin-Lymphome machen 5,1 Prozent aller bösartigen Erkrankungen bei Kindern aus. Die Heilungschance ist sehr gut: nach 5 Jahren leben 96 Prozent der betroffenen Kinder.

Non-Hodgkin-Lymphome bei Kindern

Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) gehören ebenfalls zu den bösartigen Erkrankungen des Lymphsystems. Bei Kindern treten sie besonders oft im Hals- und Kopfbereich, im oberen Brust- und Bauchraum auf. Betroffen sein können aber auch Milz, Leber, Knochen und das zentrale Nervensystem. Die Häufigkeit für Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) und Morbus Hodgkin unterscheidet sich dabei nicht sehr. Non-Hodgkin-Lymphome machen 6,4 Prozent aller bösartigen Erkrankungen im Kindesalter aus. Die Heilungschancen sind fast so gut wie beim Morbus Hodgkin: Nach 5 Jahren leben 87 Prozent der Kinder.

Weitere Arten von Krebs bei Kindern

Weitere häufige bösartige Erkrankungen bei Kindern sind

  • das Neuroblastom (Entartung junger Zellen des autonomen Nervensystems),
  • das Nephroblastom (Nierentumor),
  • die Keimzelltumoren (ausgehend von Hoden oder Eierstöcken),
  • die Knochentumoren und
  • das Rhabdomyosarkom (entartetes unreifes Muskel- oder Bindegewebe).

Während die Prognose für die an einem Nephroblastom oder Keimzelltumoren erkrankten Kinder günstig ist, liegen die Überlebensraten für die zwei anderen Erkrankungen niedriger.